Auch dieses Jahr findet am 22. April wieder der Earth Day statt. Dieses Jahr unter dem Motto „Stoppt die Plastikvermüllung“, um auf die Plastikflut aufmerksam zu machen.
Aus aktuellem Anlass also möchten wir dieses wichtige Thema, das uns alle betrifft, auch auf unserem Blog aufgreifen. Alleine beim Einkaufen findet man sich in der immer gleichen Situation wieder: man findet in vielen Supermärkten kaum etwas, das nicht in Plastik verpackt ist. Selbst vor Obst und Gemüse macht Plastik nicht Halt: Bananen und Äpfel in der Plastiktüte, die Gurke, die Zucchini und oft selbst die kleine Passionsfrucht – verschweißt.
Die erste Frage, die sich stellt, ist, warum um so extrem viele Produkte Plastik herum ist. Vor allem wenn dies nicht zwingend notwendig ist. Die Frage, die sich anschließt, ist Folgende: Wie lässt sich das umgehen und vermeiden? Was kann jede*r Einzelne tun, um seinen Plastikkonsum zumindest ein wenig zu reduzieren?
Diese Fragen stellte sich auch Milena Glimbovski vor einigen Jahren. Aber sie wollte direkt mehr, als nur ihr eigenes Leben plastikfrei zu gestalten. Sie wollte hoch hinaus und hat es geschafft, denn sie gründete den verpackungsfreien Supermarkt: Original Unverpackt (OU) in Berlin. Letztes Jahr hat sie außerdem auch das Buch „Ohne Wenn und Abfall“ veröffentlicht, das wir euch nun vorstellen möchten.
Das Buch ist ein Mix aus Biografie, Gebrauchsanweisung und Analyse der aktuellen Gegebenheiten, in dem sie in 12 Kapiteln ihren Weg zu Zero Waste und der Unternehmungsgründung beschreibt. In den Kapiteln behandelt sie jeweils Felder des Lebens, die man umweltfreundlicher gestalten kann. So nimmt sie einen im Kapitel „Zero Waste“ mit auf den Ausflug in Mülltrennungsanlage, im Kapitel „Lebensmittel“ weist sie darauf hin, worauf man beim Einkauf aufpassen sollte, und im Kapitel „Reisen“ erzählt sie, warum sie gerne Zug fährt und was man als VerbraucherIn bei einer Flugreise alles beachten und verbessern kann. Sie gibt viele gezielte Tipps (auch in Form von DIY-Rezepten), die ihr einfach zu Hause nachmachen könnt, und beschreibt, wo man auch bei aller Liebe (im wahrsten Sinne des Wortes) nicht ganz auf Plastik verzichten kann. Es sei so viel gesagt: Safety and Immunsystem first.
Ein klarer Tipp: Alles langsam angehen. Man wird nicht über Nacht zum Zero-Waste-Guru, deshalb sollte man mit kleinen Schritten anfangen und keine zu hohen Ansprüche haben.
Was helfen kann, um immer weniger Plastik- und normalen Müll zu produzieren, sind die fünf R’s, die Milena von ihrer Kollegin Bea Johnson (Urmutter der Zero-Waste Bewegung) übernommen hat:
1. Refuse (Ablehnen): Öfter einfach mal NEIN sagen. Nein, zu unnötigen Einkäufen oder auch ein klares Nein zu kostenlosen Werbegeschenken, die häufig doch bald wieder in den Müll wandern.
2. Reduce (Reduzieren): Aussortieren, ausmisten, reduzieren. Der Clou: Man findet lange vermisste Schätze wieder und reduziert sich auf das, was einem wichtig ist und was man wirklich braucht und kann Unbenutztes an jemanden weitergeben, der es brauchen kann.
3. Reuse (Wiederverwenden): Statt auf Einweg- auf Mehrwegprodukte setzen: Weg mit Coffee-to-go Bechern aus Plastik, Einwegkameras, Papier- und Plastiktellern. Vieles müsste einfach nur repariert werden, um es weiter-/wiederzuverwenden.
4. Recycle: Müll genau trennen (Papier, Biomüll, Restmüll, Plastik, Aluminium, Glas und Sondermüll), aber da noch nicht 100% des Mülls recycelt werden kann, gilt auch hier am Besten direkt Punkt 1 anwenden und Plastik, Aluminium, etc. ablehnen und vermeiden.
5. Rot (Kompostieren): Warum? Ganz einfach, weil aus Brotresten, Tee- und Kaffeeresten, Obst- und Gemüseschalen Erde oder Strom werden kann. Wer zu Hause selbst kompostieren will, kann sich eine sogenannte „Wurmkiste“ kaufen oder selbst bauen und seinem Biomüll so wieder neues Leben einhauchen.
Außerdem räumt Milena mit der Illusion des „Bioplastiks“ auf, denn es ist einfach nicht „bio“ und kann nur unter ganz besonderen Bedingungen verrotten, die in deutschen Biogasanlagen allerdings nicht gegeben sind. Und obwohl die fatalen Folgen des hohen Plastikkonsums (Gesundheitsschädigungen, Müllstrudel im Meer, etc.) durchaus bekannt sind, gibt es immer noch mehr Menschen, die sich für Plastik aussprechen. „Das ist mir ja VIEL zu kompliziert. Das ist bestimmt viel teurer. Und vor allem ist es fürchterlich unhygienisch.“ Besonders letzteres Argument kann ich nicht mehr hören, schließlich müssen sich auch Unverpackt-Läden an deutsche Gesetze und Hygienevorschriften halten. Bei der Unternehmensgründung waren eben diese Vorurteile auch eine große Hürde für Milena Glimbovski, denn viele Inspekteure des Gesundheitsamts glaubten ebenfalls, dass es in ihrem Laden nach Eröffnung unhygienisch zugehen würde. Das Zauberwort, das den Konflikt löste: Spuckschutz, denn dieser ist in Deutschland für Lebensmittel, die vor dem Verzehr nicht gewaschen werden, verpflichtend und dies wird auch in Unverpackt-Läden umgesetzt. Wer schon einmal in einem Unverpackt-Laden war, weiß, dass die meisten Lebensmittel in sogenannten Bulks gelagert werden und so vor Krankheitserregern geschützt sind.
Produkte mit Plastikverpackung durchlaufen einen Produktionsschritt mehr, wenn dieser wegfällt, wird’s billiger. Logisch, oder? So weiß auch Milena in ihrem Buch das Argument der Mehrkosten zu entkräften: „Lose Produkte sind je nach Warengruppe 10-30% billiger, als verpackte Produkte gleicher Qualität.“ Und auch am Beispiel der Kaffeekapsel wird dies nochmal deutlich, denn hier kostet ein Kilo Kaffee im Schnitt um die 70€, wohingegen unverpackter Bio-Fairtrade Kaffee nur auf durchschnittlich 20€ pro Kilo kommt.
Natürlich muss man für den plastikfreien Einkauf entweder einen Unverpackt-Laden in der Nähe haben oder aber genau wissen, wo man was auch in normalen Supermärkten oder Kaufhäusern bekommt. Auch hier gibt Milena eine gute Übersicht, wo man was findet. Wo bekommt man Trocken- und Hülsenfrüchte ohne Verpackung? Vom türkischen Lebensmittelgeschäft oder auf Märkten zum Beispiel. Wie sieht es mit Ölen oder Alkohol aus? In den meisten Städten gibt es Filialen von „Vom Fass“, Essig und Öl auch bei „Oil & Vinegar“. Und was ist mit Süßigkeiten und salzigem Knabberzeug? Auch hier gibt es unverpackte Alternativen auf Märkten oder türkischen Lebensmittelgeschäften. Aber auch für Backzutaten gibt es einen hilfreichen Tipp, denn diese gibt es häufig in Bäckereien, die selbst backen.
Zusätzlich zahlr sich gute Organisation aus, wenn man seinen Verpackungsmüll reduzieren will. So ist es ratsam, immer das/den ein oder andere/n Gemüsenetz/Beutel aus Stoff dabei zu haben, um auch den spontanen Einkauf verpackungsfrei über die Bühne bringen zu können. Und für Coffee-Addicted gilt: einen Mehrweg-Kaffeebecher als Grundausstattung dabei zu haben, ist durchaus sinnvoll.
Was mir an dem Buch sehr gut gefällt, sind nicht nur die ehrlichen und ungeschminkten Einblicke in Milena Glimbovskis Leben als ihre eigene Chefin, Gründerin und Frau, die Anleitung zu einem müllärmeren Leben, praktischen Tipps und Ideen in Sachen Lebensweise, sondern auch die Rezepte zum Selbstmachen von den unterschiedlichsten Haushaltshelfern.
Ich möchte euch an dieser Stelle schon mal drei der vorgestellten Rezepte mit auf den Weg geben:
- Dickflüssiges Deo für den Roller (100 ml): 100 ml Wasser erwärmen, 2 EL Maisstärke hinzugeben, einrühren, vom Herd nehmen, abkühlen lassen und dabei das Natron einrühren. Anschließend je nach Wunsch ca. 15 Tropfen ätherisches Öl hinzugeben, ein paar Tropfen Teebaumöl (gegen Bakterien) und schließlich in einen neuen/alten Deoroller füllen.
- Allzweckreiniger: Zwei Tassen Essig und eine Tasse Wasser vermischen, bei Bedarf ätherische Öle hinzugeben (z.B. in eine alte Sprühflasche füllen).
- Peeling (häufig wird in herkömmlichen Peelings Mikroplastik verwendet – gar nicht cool!):
1 EL grobkörniges Kaffeepulver mit 2 EL Olivenöl in einem Behälter vermischen.
Auf die Haut auftragen, einmassieren und abwaschen. Wenn kein Wasser in den Behälter gelangt, ist das Peeling bis zu einem Monat haltbar.
Alles in allem wirklich ein schönes, anschaulich und gut geschriebenes Buch, das einem zum Nachdenken anregt. Egal, ob man sich mit dem Thema bereits auseinandergesetzt hat oder eben nicht. Ich kann es jedem empfehlen: Dem, der seinen Müllkonsum reduzieren will, dem, der Zero-Waste leben will, dem, der einfach immer schon mal sagen wollte, dass er jetzt ja nicht nur vegan, sondern auch Zero Waste lebt und selbst dem, der Plastik toll findet. Denn spätestens nach der Lektüre von „Ohne Wenn und Abfall“ wird sich dies ganz sicher ändern.
Es ist nicht das Wichtigste, direkt Zero-Waste zu leben, alles Plastik aus dem Haus zu verbannen und nie mehr einen Fuß in einem normalen Supermarkt zu setzen, aber man sollte sich beim Einkaufen öfter fragen: Was brauche ich wirklich? Gibt es nicht auch eine unverpackte Alternative? Kann ich das nicht auch selbst machen? Denn: „Jede Plastiktüte, jeder Einweg-Kaffeebecher, den wir einsparen, einer weniger, der produziert werden muss und in den Weltmeeren landet. So einfach ist das.“