Wie Mildred Scheel den Krebs bekämpfte

Mildred Scheel (1931-1985), Präsidentin der Deutschen Krebshilfe, um 1980 ©Deutsche Krebshilfe

„Wo die Liebe hinfällt“, heißt es ja so schön. Die damals 36-jährige Ärztin Mildred Wirtz merkte das selbst, als sie sich 1967 in einen Nierenpatienten in einem Tegernseer Sanatorium verliebte. Das außergewöhnliche: beim Mann handelte es sich um den aufstrebenden FDP-Politiker seiner Zeit, Walter Scheel. Schon zwei Jahre später – kurz nach ihrer Hochzeit – wurde der Ehemann zum neuen Außenminister gewählt, 1974 gar zum Bundespräsidenten.

Mildred Scheel, wie sie ab jetzt hieß, stand auf einmal im bundesdeutschen Schlaglicht – ganz im Gegensatz zu ihrem bisherigen, der Medizin verpflichteten Leben. Sie wurde 1931 in eine Ärztefamilie geboren und konnte ihrem Vater, der eine Praxis in Bonn hatte, schon früh über die Schultern schauen. Nach den Kriegszerstörungen zog es die Familie in die ländliche Oberpfalz, 1950 begann Mildred ihr Medizinstudium, das sie in München mit dem Staatsexamen beendete. Sie spezialisierte sich auf das damals relativ neue Gebiet der Radiologie.

Nun, als „First Lady“ Deutschlands, konnte sie ein Thema einbringen, das ihr auf dem Herzen lag: die Krebsbekämpfung. Damit traf sie in der Nachkriegsgesellschaft durchaus einen wunden Punkt. Während z.B. das Poliovirus durch groß angelegte Informations- und Impfkampagnen ausgerottet wurde, blieb der Krebs ein Tabuthema, das sich hinter Millionen stillen und langsamen Toden versteckte. Mildred Scheel erkannte, dass es neben der professionellen Forschung eine allgemeine Aufklärung, regelmäßige Vorbeugetermine, die richtigen Ansprechpartner und psychische Therapiemöglichkeiten brauchte, um dem Krebs in seiner Gänze zu begegnen.

Sie gründete die erste Deutsche Krebshilfe, organisierte internationale Medizinertreffs und sammelte Spenden für die Forschung und Prävention. Dabei überschattete sie bald auch ihren Mann: als dessen Amtszeit sich bereits dem Ende neigte, war sie, Frau Präsidentin der Krebshilfe, aktiver denn je. Ihr Name war während der 1970er und 80er Jahre synonym mit dem Wort Krebsaufklärung und dreimal wurde sie zur „Frau des Jahres“ gewählt.

Traurigerweise erkrankte sie selbst an einem bösartigen Darmkrebs – was sie lange verschwieg, um die Bevölkerung nicht zu verunsichern. Nicht einmal sie nicht jeden Krebs vorbeugen oder jedes Schweigen brechen. Nach ihrem Tod im Jahr 1985 hielt der neue Bundespräsident Richard von Weizsäcker Weizsäcker ein Nachwort auf sie:

„Dieser Kampf setzte vor Allem einen Menschen voraus, der keine Vorurteile und Tabus akzeptierte, der keine Mühe scheute, der mutig der Krankheit und dem Tod bei anderen ins Auge sah – und mit größter Tapferkeit bei sich selbst.“

In Bonn und München wird sich heute gleichermaßen an sie erinnert. Begraben ist sie auf dem alten Friedhof in Bonn. Seit 2008 trägt eine Straße in München, die sich unmittelbar am Klinikum Schwabing befindet, Mildred Scheels Namen. Die Ludwigs-Maximilians-Universität organisiert das „Mildred Scheel Doktorandenprogramm“, das über Krebs promovierende Medizinstudenten finanziell und methodisch unterstützt.

Die von ihr gegründete „Stiftung Deutsche Krebshilfe“ existiert noch heute unter dem Motto „Helfen, Forschen, Informieren.“ und hatte im Jahr 2023 ein Budget von über 150 Millionen Euro. Scheels Aktivismus lebt also weiter.

Quellen:

Mildred Scheel in der Datenbank der Rheinischen Geschichte

Jörg Beuthner: Mildred Scheel, Ärztin (Todestag 13.5.1985) In: WDR Zeitzeichen

Mildred Scheel – Gründerin und Visionärin In: Stiftung Deutsche Krebshilfe

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