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Zeit zum Durchatmen

Flinke Finger folgen fliegenden Fischen. Was nach einem Zungenbrecher klingt fasst wohl am kürzesten zusammen, was vom neuen Showprogramm „SLOW“ im GOP Varieté zu erwarten ist. Aber wozu die Eile, ist es nicht viel angenehmer sich zurückzulehnen und die Sache ganz ruhig anzugehen? Wir haben ja Zeit…

Den Anfang machen die Togni Brothers aus Italien und sie geben gleich Vollgas. Mit ihren ikarischen Spielen begeistern sie das Publikum auf Anhieb. Dabei steigt der Schwierigkeitsgrad der Nummern geradezu exponentiell bis der jüngere Togni (Dario), der von seinem Bruder Michael in die Luft katapultiert wird, in einer Endlosschleife seine Salti dreht. Begleitet von fetziger Musik wirkt der Beginn dieser unter Regie von Knut Gminder entstandenen Show jedenfalls alles anderes als „slow“.

Jetzt ist aber erstmal Zeit zum Durchatmen. Das Zauberwort lautet schließlich Entschleunigung. Und wer kann dafür besser sorgen als ein Schweizer? Der Berner Claude Criblez unterbricht fortan mit viel Charme immer wieder das rasante Geschehen auf der Bühne. Als Conférencier ist er die Ruhe selbst. Der Mann aus der Alpenrepublik hat sonderbare Begleiter mitgebracht. Einem Zeppelin gleich fliegen ein ferngesteuerter Fisch und eine widerspenstige Katze über den Köpfen der Varieté-Liebhaber. Ein ganzer Flugzoo! Man muss es gesehen haben, um die Magie und den einzigartigen Witz dieser Begegnung nachvollziehen zu können.

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Der Kreis schließt sich

Bis auf die wiederkehrende schweizerische Gelassenheit verfolgt „SLOW“ indessen kein festes Konzept. Eine Bühnendekoration fehlt gänzlich, was dem Showgenuss aber keinen Abbruch tut. Möchte man dennoch ein Element benennen, dass die dargebotenen Nummern verbindet, so ist es der wiederholte Einsatz von kreisförmigen Objekten. Da wäre zum Einen die Jongliernummer von Hazel Bock, bei der Bälle und Ringe durch die Luft befördert werden. Leider kommt die Australierin nicht ohne Patzer aus und kann mit Altbewehrtem, doch schon zu oft Gesehenem in der ersten Programmhälfte nicht so richtig überzeugen. Nach der Pause kriegt „Amazing Hazel“ aber noch die Kurve, denn ihre Kunst des Jonglierens mit Füßen sieh man nicht alle Tage. Faszinierend, wie nach und nach ein immer kleinerer Koffer auf ihren Zehenspitzen landet bis sie schließlich einen kopfstehenden Tannenbaum aus Gepäckstücken in die Luft reckt. Ja ist denn schon Weihnachten?

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Auch die Hula-Hoop-Reifen von Daria Shcherbyna setzen die Kreisthematik fort. Bis zu acht Stück gleichzeitig wirbelt die junge Ukrainerin um Arme, Beine Hüfte und Nacken. Damit setzt sie ein echtes Ausrufezeichen. Der sogenannte „Cyr“ von Jonas Witt aus Österreich ist noch etwas größer. Mit diesem Gerät kann er sich scheinbar in jede mögliche Schräglage versetzen, zwischendurch innehalten um dann aber so richtig zu beschleunigen. Witts Landsfrau Ingrid Korpitsch hat eine Musical-Ausbildung in Wien hinter sich und ganz viele Talente vorzuweisen. So macht sie nicht nur am Luftring eine gute Figur. Denn von Anfang an begleitet sie das Bühnentreiben mit ihrem Gesang und souveränem Klavierspiel.

Ein Seilspiel jagt das Nächste

Zu den größten Highlights des Abends zählen die Jonglierkünste von Akira Fukagawa, der seine Schnelligkeit und Fingerfertigkeit an leuchtenden Diabolos zur Geltung bringt. Zwar zeigt er eine jahrhundertealte Kunst, doch das Spiel mit Seil und Doppelkegel wirkt bei dem Japaner außerordentlich frisch und innovativ. Auch hinter dem Rücken hat er sein Gerät fest unter Kontrolle, wobei er sich als waschechter Teufelsjongleur erweist.

Das war es aber noch nicht mit den Seilspielen, denn das US-Rope Skipping Trio „Tricked Out“ bringt noch einmal viel Dynamik und Sprungkraft ins Varieté. Eines ist gewiss: nicht alle ihrer Tricks sind fürs Seilspringen auf dem Pausenhof geeignet. Zum Abschluss eines unterhaltsamen Abends, der alles andere als langatmig über die Bühne geht, startet Claude Criblez einen letzten Versuch, der allgemeinen Hektik einen Riegel vorzuschieben. Dabei kommt auch eine eigenartige „Wuschmaschine“ zum Einsatz. Was es damit auf sich hat, soll aber nicht verraten werden. Dafür lohnt es sich in die Welt von „SLOW“ einzutauchen. Nicht zu überstürzt versteht sich – Eile mit Weile.

Noch bis zum 12. Januar 2020 ist „SLOW“ im GOP Varieté-Theater München zu sehen. Eintrittskarten sind für 48 Euro erhältlich. Schüler/Studenten/Azubis bis 27 Jahre zahlen 35 Euro.